Folgenutzung der Steinbrüche: Chancen für Mensch und Natur
Die Steinbrüche im Beckumer Zementrevier – sie stellen unverzichtbare Rohstoffquellen für die heimische Zementindustrie dar und sind zugleich regionaltypische, prägende Landschaftsmarken. Der Kalksteinabbau bedeutet aber auch massive Eingriffe in Boden, Wasserhaushalt, Natur und Landschaft. Auf den 1. Blick sind das unüberwindbare Gegensätze, auf den 2. Blick bieten Steinbrüche jedoch auch Chancen für eine zukünftige Entwicklung. Wo sonst können in der Landschaft belebende Wasserflächen entstehen, wo sonst findet man noch Rohböden, die sich weitgehend ungestört entwickeln können.
Doch Steinbrüche bieten noch mehr: Ehemalige Abgrabungen – wie zum Beispiel zwischen Beckum und Neubeckum – können genutzt werden für Gewerbe und Wohnen, Naherholung und Landwirtschaft, Freizeit und Natur. Die Stadt Beckum ist sich dabei seit Jahrzehnten ihrer Verantwortung bewusst und hat stets die Zusammenarbeit mit der heimischen Zementindustrie gesucht, um gemeinsam eine abgestimmte Folgenutzungskonzeption zu entwickeln. Dieser so genannte Gesamtrekultivierungsplan war dann Basis für die weitere Entwicklung der Abgrabungsflächen.
Steinbrüche nehmen 15 Prozent der Fläche ein
Diese Strategie hat sich seit 1980 bewährt. Da sich Anforderungen und Umweltbedingungen weiter entwickelten (zum Beispiel war der Bedarf an landwirtschaftlichen Nutzflächen in ehemaligen Steinbrüchen rückläufig, der Bedarf an Naherholungs- und Naturschutzflächen stieg jedoch stark an), wurde der Plan im Jahr 2000 gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren überarbeitet.
Der aktuelle Gesamtrekultivierungsplan der Stadt umfasst circa 1660 ha ehemalige, aktuelle und künftige Abgrabungsflächen. Das entspricht einem Anteil an der Gesamtfläche der Stadt von 15 Prozent. Allein schon diese Zahl unterstreicht die Bedeutung der Steinbrüche für die Stadt- und Landschaftsentwicklung. Die Gesamtrekultivierung stellt für die aktuellen und künftigen Abbauflächen abgestimmte Ziele der Folgenutzung dar, zum Beispiel:
- Siedlungsentwicklung mit stiller Naherholung im Bereich zwischen der Neubeckumer und Oelder Straße (der derzeit entsprechend teilweise verfüllt wird),
- Naturschutz und landwirtschaftliche Nutzflächen im Bereich des Steinbruches Friedrichshorst,
- Flächen für Natur- und Landschaftsschutz im Bereich der Abgrabungen der Firmen Phoenix und Cemex, Werk Mersmann.
Vielfältige Modelle der Nachnutzung
Dass dieser Weg erfolgreich beschritten werden kann, zeigen bereits zahlreiche Beispiele in Beckum. In den Steinbrüchen Vellern und Hellbach steht die Natur im Vordergrund, ebenso bereits im noch aktiven Bruch Friedrichshorst. Am Tuttenbrocksee konzentriert sich die Freizeitnutzung, am Rolandsee stille Naherholung. Die Steinbruchflächen am Grünen Weg stellen heute den Gewerbepark Grüner Weg dar.
Im ehemaligen Steinbruch West wurde auf Teilflächen am Siedlungsrand ein Baugebiet inmitten der Natur geschaffen, mit Solarsiedlung und Niedrigenergiehäusern, mit naturnahen Grün- und Erholungsflächen, über Rad- und Fußwege vernetzt mit Stadt und Landschaft. Der übrige Teil wurde im Rahmen der Rekultivierung behutsam mit zwei Seen und vielfältigen Sukzessionsflächen sehr naturnah gestaltet und weitgehend der Selbstentwicklung überlassen. Hier wurden Voraussetzungen für viele neue Lebensräume von Flora und Fauna geschaffen, jedoch der Mensch nicht ausgegrenzt, sondern bewusst über (stille) Naherholungsmöglichkeiten integriert.
Das Interesse an der Entwicklung der Steinbrüche, an der Folgenutzung, an dem dort praktizierten Natur- und Landschaftsschutz ist groß. Die Akzeptanz dazu in der Bevölkerung steigt. Die Steinbrüche in Beckum werden dadurch mit Leben erfüllt – sie bieten Chancen für Mensch und Natur.